Der Narrative Clip ist eine Lifelogging Kamera die an T-Shirt, Hemd oder Jacke getragen alle 30 Sekunden ein Bild von der Umgebung aufzeichnet. Mit einer 5 Megapixel Kamera, GPS und Kompass ausgestattet, erfasst die Narrative zu jedem Bild Kontextinformationen wie Position und Himmelsrichtung, die das Betrachten und Durchsuchen der Bilder vereinfachen sollen. So entsteht ein persönliches Lifelog über die besuchten Orte, die getroffenen Menschen und die erlebten Situationen. In der Praxis funktioniert das recht einfach – der Clip von der Größe eines iPod Nano lässt sich bequem und unauffällig an der Kleidung befestigen. Um dem Lifelog eine Pause zu verordnen, reicht es den Clip in die Tasche zu stecken oder mit der Linse nach unten abzulegen.
Die Übertragung der Bilder erfolgt durch Verbinden des Narrative Clip mit einem Mac oder PC über ein Micro-Usb-Kabel. Hierbei werden die Bilder von der Lifelogging Kamera auf den Rechner und von dort auf Narrative’s Server geladen. Dort werden die Bilder nach Qualität und Kontext analysiert. Die Betrachtung erfolgt dann in einer Smartphone App, welche die Bilder in sogenannten Momenten zusammenfasst und verwackelte, dunkle oder aus anderen Gründen qualitativ minderwertige Bilder auf Wunsch automatisch aussortiert. Der Umweg der Bilder über den Computer und Narrative’s Server hat dabei auch technische Gründe. Aufgrund der schieren Datenmenge wäre eine direkte Übertragung auf das Smartphone nicht praktikabel und selbst die meisten Rechner sind der Bilderflut nicht gewachsen. Bei bis zu zwei Gigabyte Daten pro Tag und mehreren Terrabyte jährlich, wären die meisten Nutzer mit dem Speichern und dem Backup ihrer Fotos schnell überfordert. Außerdem plant Narrative zusätzlich zur App ein Online-Profil und eine API, die es ermöglicht die aufgezeichneten Momente auch in andere Web-basierten Anwendungen zu integrieren.
Nach einigen Tagen Selbsttest mit der Lifelogging Kamera hatte ich die Gelegenheit, Oskar Kalmaru, Chief Marketing Officer von Narrative zu dem jungen Startup, seinem Produkt und seinen Erwartungen an die Marktentwicklung zu befragen. Im Interview beschrieb mir Kalmaru das Ziel von Narrative als Pionier Anwender-freundlicher Lifelogging Kameras, jedem Menschen ein fotografisches Gedächtnis zu ermöglichen. Themen wie Privatsphäre nehme das Unternehmen dabei sehr ernst – der Narrative Clip sei deshalb gezielt so gestaltet, dass die verschiedenen Interessen von Anwendern und deren Umfeld berücksichtigt werden können. Durch den Clip sei es einfach die Kamera abzunehmen, um zum Beispiel bei einer längeren Zugfahrt, gegenübersitzende Passagiere nicht über Stunden hinweg zu fotografieren. Informiere man seine Freunde und Mitmenschen jedoch über die Kamera, kämen überwiegend positive Reaktionen. Durch die Verbreitung der Handy-Kameras seien viele Menschen daran gewohnt, dass Bilder aufgezeichnet werden – ablehnende oder ängstliche Reaktionen erhalte Kalmaru daher eher selten.
Die Art der Verwendung der Lifelogging Kamera gestalte sich, so Kalmaru, für jeden Nutzer verschieden. Selbst nutze er die Kamera eher selektiv, um schöne Momente z.B. mit der Familie aufzuzeichnen. Auch für Self-Tracking Projekte sieht er Einsatzmöglichkeiten wie z.B beim Fall einer Künstlerin welche die Kamera verwendet, um den Entstehungsprozess ihrer Werke nachzuvollziehen. Das fotografische Gedächtnis könne jedoch nicht nur für Privatpersonen interessant sein, auch im Bereich Sicherheit und Marktforschung erhalte das Unternehmen viele Anfragen. Für die Zukunft sieht Kalmaru zahlreiche Möglichkeiten, das fotografische Lifelog mit zusätzlichen Kontext-Informationen anzureichern. So könnten Bilder, die von verschiedenen Nutzern auf Events wie Konzerten aufgezeichnet werden, untereinander geteilt werden. Außerdem wäre die Erstellung von 360 Grad Ansichten aus mehreren Einzelbildern verschiedener Nutzer möglich. Für das junge Marktsegment sieht Kalmaru ein großes Wachstumspotential. Zunächst gehe es darum, ähnliche wie früher bei den Mobiltelefonen, den kulturellen Umgang mit den Wearable Kameras zu entwickeln. Mittelfristig könne das fotografische Gedächtnis eine wichtige Rolle im Kontext vieler anderer Self-Tracking Informationen spielen.
Mein Praxistest mit dem Narrative Clip führte zu ähnlichen Einsichten wie von Kalmaru beschrieben. Kam ich mir Anfangs noch ein wenig dreist vor, die Lifelogging Kamera bei alltäglichen Aktivitäten wie Einkaufen und der Bewegung im Nahverkehr einzusetzen, stellte ich schnell fest, dass das Gerät von meinen Mitmenschen kaum zur Kenntnis genommen wurde und bei flüchtigen Begegnungen keine negativen Reaktionen provozierte. Auch meine Freunde, Familie und Geschäftspartner denen ich bei gemeinsamen Treffen von der Funktion des Clips berichtete, hatten keine Bedenken, Teil meines Lifelogs zu werden. Nach dieser ersten Erfahrung möchte ich die Kamera zukünftig selektiver einzusetzen, insbesondere bei Urlauben und bei anderen besonderen Erlebnissen. Ein dabei entstehendes Lifelog könnte dann helfen die tollen Momente des Lebens zu bewahren und dabei in vollen Zügen zu genießen – ohne sich um das Schießen von Erinnerungsbildern kümmern zu müssen.
Die Qualität der aufgezeichneten Bilder schwankt Prinzip-bedingt sehr stark und hängt insbesondere davon ob, um man selbst gerade in Bewegung ist und wie weit sich das Motiv von der Kamera entfernt befindet. Schaltet man den Filter ein, werden beim Durchstöbern in der App meist 60-70 % der Bilder aussortiert und auch von den verbleibenden, können die meisten nicht mit der Qualität eines manuell aufgenommenen Bildes mithalten. Der Reiz der Bildern von Narrative Kamera liegt vielmehr im Zufall, der Selbstbeobachtung und der Skurilität der Situation oder des interessanten Blickwinkels. Im Schnelldurchlauf betrachtet, eigenen sich die Bilder gut die eigenen Aktivitäten zu reflektieren und bei genauerem Betrachten entdeckt man allerlei fotografisch interessante Ergebnisse. Für Lifelogging-Pioniere ist der Narrative Clip ab sofort für 279$ zzg. Zoll verfügbar. Im Preise enthalten ist ein Jahr Nutzung des Cloud-basierten Service zum Bilder-Management für welchen ab dem zweiten Jahr eine Gebühr von 108$ anfallen.
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